Wem gehört die Erinnerung an die Märzrevolution 1920?

Märzrevolution 1920Wer immer sich ernsthaft mit der Märzrevolution 1920 beschäftigen möchte, wird an dem gleichnamigen dreibändigen Werk von Erhard Lucas nicht vorbeikommen. Wer erstmal wissen will, worum es sich bei diesem „größten bewaffneten Aufstand in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“1 überhaupt handelt, ist mit dem Artikel, den er 1990 in Schwarzer Faden veröffentlichte, gut bedient.

Niemand geringeres als Klaus Theweleit hat seine Männerphantasien (1977) in erheblichem Maße Lucas zu verdanken:

Dies Buch [Männerphantasien] hat angefangen als ein Kapitel zum ‚Weißen Terror‘ für seine ‚Märzrevolution 1920‘; als es mehr wurde, hat er sein weiteres Wachstum ungefähr so begleitet, wie ich es mir von einem Leser/Kritiker/Helfer gewünscht hätte, hätte ich einen Wunsch frei gehabt. Erhard, ohne den die nicht entstanden wäre, ist diese Arbeit gewidmet.2

Lucas ist bereits 1993 gestorben, seiner letzten Arbeit in Vestische Zeitschrift ist folgender Nachruf vorangestellt:

Der Tod Erhard Lucas‘ ist ein herber Verlust für die vestische wissenschaftliche Geschichtsschreibung. Seit seiner auf drei dicke Bände angewachsenen Aufarbeitung der Märzrevolution von 1920, erschienen seit 1970ff., hat sich Erhard Lucas immer wieder mit den Revolutionsjahren im Ruhrgebiet und im Vest beschäftigt. Häufiger kam er mit Studenten ins Stadtarchiv Recklinghausen, um mit ihnen die erhalten gebliebenen Archivalien aus der Revolutionszeit zu befragen. Erhard Lucas‘ in diesem Band der Zeitschrift veröffentlichte Arbeit zeigt noch einmal seine Abneigung gegen Bestrebungen, Erkenntnisse ideologischen und abstrakten Begriffsmustern zu unterwerfen. ‚Radikal aufzuräumen ist mit allem ideologischen Gerümpel, das das Überbrücken von Gräben verhindert‘, war einer seiner Leitsätze. Auch dieser letzte Aufsatz aus seiner Feder will allen am Geschehen Beteiligten Gerechtigkeit widerfahren lassen, will auf Grund intensiver Quellenforschungen das dunkle Bild der ‚Spartakistenzeit‘ in Dorsten als ein völlig mißlungenes, falsches Bild entideologisieren.3

Mit diesem Post beginne ich hier eine kleine Serie zur Märzrevolution 1920. Auch sie ist Erhard Lucas gewidmet.

  1. Erhard Lucas im Vorwort zu: Ludger Fittkau, Angelika Schlüter (Hg.), Ruhrkampf 1920 – die vergessene Revolution, Essen 1990, S. 10 []
  2. Klaus Theweleit, Männerphantasien, Band 1, Basel, Frankfurt am Main 1977, S. 10 []
  3. Erhard Lucas, Blockierte Demokratisierung. Die Revolutionszeit 1918/19 in Dorsten, Hervest und Holsterhausen, in: Vestische Zeitschrift, Bd. 90/91 – 1991/92, Recklinghausen 1992, S. 177 []

3 Responses to “Wem gehört die Erinnerung an die Märzrevolution 1920?”

  1. Daniel R. Basi,

    Ich bin mit Erhard 1980 in Freiburg/brsg gewesen.Wir haben mit K.D. und andere Genossen ein Seminar über die Märzrevolution gemacht.
    Wir waren damals in SDS zusammen. Er war ein fantastische Mensch!

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