Baumwolle und die Entstehung des Kapitalismus

 His Royal Majesty King Cotton CC BY-NC-ND 2.0

His Royal Majesty King Cotton
CC BY-NC-ND 2.0

Raul Zelik bespricht in der WOZ das Buch „king cotton“ von Sven Beckert und stellt die besondere Bedeutung der Baumwollindustrie für die Entstehung des Kapitalismus in Europa heraus.

Der in Harvard lehrende Historiker Sven Beckert rückt in seinem Buch «King Cotton» zwei weitere Aspekte in den Mittelpunkt: nämlich den «Kriegskapitalismus», also die blutige Enteignung von Land und die massenhafte Versklavung von Arbeitskräften im Rahmen kolonialer Herrschaft, und das Entstehen einer modernen Staatlichkeit, die den Krieg nach aussen mit einer Verrechtlichung der Machtbeziehungen nach innen verband. […] ie Baumwollverarbeitung hatte sich in Asien, Afrika und Lateinamerika unabhängig voneinander entwickelt, spielte in Europa zunächst jedoch kaum eine Rolle. Ab 1600 gewannen Baumwolltextilien aber rasant an Bedeutung: Europäische Händler erwarben in Indien Stoffe, um sie in Afrika als Tauschmittel beim Sklavenhandel verwenden zu können. So nutzten die Europäer die asiatische Textilproduktion, um in Lateinamerika ihre Plantagenökonomie zu etablieren. «Niemals zuvor in den fünf Jahrtausenden der Geschichte der Baumwolle», so Beckert, «war ein solch weltumspannendes System entwickelt worden. Nie zuvor hatte man mit den Erzeugnissen indischer Weber Sklaven in Afrika gekauft, damit diese auf Plantagen in Amerika arbeiteten, wo sie Agrarprodukte für europäische Verbraucher herstellten.»

Interessant ist an dieser Darstellung auch, dass sie sehr stark an heutige weltumspannende Produktionsbedingungen von Textilien erinnert – ein lang etabliertes historisch gewachsenes kapitalistisches System.

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