Justiz unter Kontrolle

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Guatemala, Centralamerika, ist ein kleines Land. Die geringe Größe hat aber leider keinen Einfluss auf eine geringe Zahl von Menschenrechtsverbrechen, Morden und der massiv verbreiteten Straffreiheit. Im Land war von 1960 bis 1996 Bürgerkrieg. General Lucas Garcia war 1978 bis 1982 an der Macht und begann „die blutigste und folgendschwerste Militärkampagne gegen die Guerilla und die Zivilbevölkerung“. Nach dem Putsch 1982 war General Ríos Montt an der Macht und „betrieb […] die berüchtigte Strategie der ‚Politik der verbrannten Erde‘.“ (Renate Sova, Unterdrückung und Widerstand, In: Guatemala „Ein Land auf der Suche nach Frieden“, Brandes&Apsel/Südwind 2003) „Mehr als 660 Massaker durch das Militär, ebenso viele vernichtete Dörfer, 200.000 Tote, 20.000 Vermisste, eine Million Flüchtlinge und letztendlich eine vollständig traumatisierter Bevölkerung…“

Ein großer historischer und jahrelang erkämpfter Schritt zur Aufklärung und Bestraftung der Verantwortlichen der Verbrechen gegen die Menschlichkeit war der Prozess gegen den ehemaligen Präsidenten Efrain Rios Montt 2012 und 2013. Er wurde zu 80 Jahren Gefängnis verurteilt. Das Verfassungsrecht hat das Urteil aufgehoben – wegen Verfahrensfehlern.

In einem Interview mit dem Menschrechtsanwalt Michael Mörth in der jungle world:

Die Gewalt hat nie aufgehört. Guatemala gehört zu den gefährlichsten Ländern weltweit – allerdings hat die Ermordung der beiden Journalisten auf offener Straße und die Verletzung eines weiteren Kollegen in Mazatenango einen speziellen Hintergrund. […] Journalisten, die investigativ recherchieren und ihre Ergebnisse publizieren, leben sehr gefährlich in Guatemala. Das ist eine Katastrophe.

Die Aufklärung von Verbrechen und die Strafverfolgung wird unterbunden. Richter_innen, die eine unabhängige Rechtsprechung versuchen, werden versetzt, bedroht, außer Gefecht gesetzt.

Die Ansage ist: Wir wollen keine unabhängige Justiz, wir wollen die Justiz kontrollieren. […]Heute haben wir eine Strafkammer, die eine vollkommene Kehrtwende weg von der Politik der vergangenen Jahre vollzogen hat. So werden zum Beispiel viele wissenschaftliche Mitarbeiter entlassen, die Urteile basierend auf internationalem Recht geschrieben haben.

Gibt es auch etwas Positives, dass in den letzten Jahren erreicht werden konnte?

Auf der anderen Seite haben wir trotz der negativen Vorzeichen hier und da auch Erfolge zu verzeichnen.[…] Und gestern wurden alle Anklagepunkte gegen Yasmín Barrios fallengelassen, die Rich­terin, die den Prozess gegen den ehemaligen Diktator Efraín Ríos Montt geleitet hat. Die guten Urteile kaschieren aber nur unzureichend, dass die Justiz in Guatemala weitgehend kontrolliert ist. Das war vor einem Jahr noch ganz anders.

So ist nicht nur die Aufarbeitung der Verbrechen gegen die Menschlichkeit von enormer Bedeutung, um den Menschen ein Leben in Würde durch Gerechtigkeit zu ermöglichen (vgl. Sonja PerkiÄ-Krempl „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, In: Guatemala „Ein Land auf der Suche nach Frieden“, Brandes&Apsel/Südwind 2003), sondern auch die Abschaffung der Straffreiheit, die durch die erneute staatliche Kontrolle der Justiz erneut ermöglicht wird.

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