Ich persönlich bin mit einem regelmäßigen Einkommen in Geldform durch den Verkauf meiner Arbeitskraft gesegnet. Als Gehalt wird es am Monatsende auf mein Konto überwiesen. (Die Lohntüte ist leider etwas aus der Mode gekommen.) MEIN Einkommen auf MEIN Konto. Lebte ich nun in Zypern oder hätte die Bank meiner Wahl dort, wäre ein Teil meines Geldes dazu da, die Existenz der Bank zu retten und die Dauerkrise des Euro abzufangen. Natürlich ungefragt und überraschend über Nacht. Ursprünglich war geplant, dass von jedem Bankvermögen 6,5 Prozent einbehalten wird. (Nebenbei: Besitzer von Fonds und anderer fancy Anlageinstrumente sollten von Anfang an nicht besteuert werden.)
Nach heftigen Protesten wollte die Regierung des von der Pleite bedrohten Mittelmeerstaats anders als ursprünglich vorgesehen Zyperns Kleinsparer von der Zwangsabgabe ausnehmen. Sie beschloss, Einlagen von bis zu 20.000 Euro zu schonen. Auf Guthaben von 20.000 bis 100.000 Euro sollte aber weiter eine einmalige Abgabe von 6,75 Prozent erhoben werden. Bei Guthaben von über 100.000 Euro sollten es 9,9 Prozent sein (ND 21.3.2013).
Nun hat das Parlament ganz dagegen gestimmt:
Dass ausgerechnet die Abgeordneten des zyprischen Parlaments die Courage hatten, der EU-Troika die kalte Schulter zu zeigen, überraschte Politik und Wirtschaft, aber auch die Protestbewegung (telepolis 21.3.2013).
In der Berliner Zeitung fragt Stephan Kaufmann:
Warum ist es eigentlich so schwierig, das zu tun, was nahe liegt: Die Gläubiger von Banken und Staaten – also jene, die an Finanzanlagen verdienen – an den Kosten der Finanzkrise zu beteiligen?
Hier gibt es ein grundsätzliches Problem:
Die, die man belasten will, sind die, um deren Vertrauen man wirbt. Die, denen man das Geld nimmt, sind die, deren Geld man künftig braucht. Allein dieses Jahr müssen sich die Euro-Staaten 850 Milliarden Euro leihen. Aus diesem Bedarf speist sich die Macht der Märkte.
Da es nun offensichtlich keine gute Idee ist, diejenigen anzuzapfen, die eh wenig haben und nun zu recht richtig sauer sind, ist es dann wohl eine prinzipiell bessere Idee, insgesamt die Vermögenden zu gleichen Teilen in allen Ländern in die Zahlpflicht zu nehmen, wie Stephan Kaufmann vorschlägt:
Eine Vermögensteuer, die in allen Ländern – nicht nur in Krisenländern – und in jedem Jahr – nicht nur in Krisenjahren – erhoben wird, könnte zudem das Problem umgehen, dass die Anleger panisch fliehen. Attraktiver würde die Euro-Zone dadurch zwar nicht für Anleger. Doch gibt es keine Lösung des Schuldenproblems, bei der alle gewinnen.
Nachtrag, 22.3.13: Nachdem das Parlament von Zypern diesen Plänen gegen den Druck aus Brüssel und Berlin einen Riegel vorgeschoben hat, gibt es jetzt Ideen, die Rentenkassen staatlicher und halb-staatlicher Betriebe zu plündern. Der Sozialdemokrat Joachim Poss dazu ganz richtig in der FAZ von heute:
Wenn es stimmt, dass auf eine Abgabe auf hohe Bankeinlagen verzichtet werden soll, dann wäre das fatal. Das wäre der Sieg der Geldwäsche- und Steuerdumping-Lobby. Ein Zugriff auf die Rentenkassen wäre ein Grund für weiteren sozialen Aufruhr.