Im August 2014 übernahmen Arbeiter_innen, die in der Niederlassung des Druckereikonzerns Donnelley in Buenes Aires, Argentinien, beschäftigt waren, den Betrieb in kollektive Selbstverwaltung.
Übernahmen dieser Art haben in Argentinien eine gewisse Tradition. Während der großen Wirtschaftskrise 2001 wurden mehr als 160 Fabriken von ihrem Personal übernommen und in Kooperativen umgewandelt. Die meisten mussten jedoch wegen zu hohem ökonomischem Druck im Laufe der Jahre schließen oder wurden von ihren alten Eigentümern wieder zurückgewonnen. (ver.di public 2015, 01,12f)
Es gibt ein paar Ausnahmen. Beispeilsweise stehen die Arbeiter_innen der Druckerei von Donnelley in engem Austausch mit dem Keramikhersteller Fábrica Sin Patrones – FaSinPat, ehemals Zanon, in Neuquén. Hier erkämpften die Arbeiter_innen nach acht Jahren eine Enteignung durch das Provinzparlament und eine Überschreibung an die Kooperative.
Der gemeinsame Erfahrungsaustausch bekräftigte die Beschäftigten, die Fabrik in eine Kooperative umzuwandeln, als Ziel jedoch eine Verstaatlichung unter Arbeiter/innen-Kontrolle zu fordern.
Die Forderung nach Verstaatlichung begründen sie mit dem Ziel, die Möglichkeit zu haben, Bücher für die arme Bevölkerung zu drucken und Schreibhefte für Schulen in armen Wohnbezirken.
In der ila 379 ist zu lesen:
Die Übernahme konkursgefährdeter Betriebe gehört in Argentinien inzwischen zum Standardrepertoire im Arbeitskampf. Das Dokumentationszentrum, das diese Bewegung von Anfang an begleitet (www.recuperadasdoc.com.ar), hat in seiner letzten Erhebung festgestellt, dass in Argentinien 13.462 Beschäftigte in 311 übernommenen Betrieben arbeiten. Die Bewegung begann mit dem Kriseneinbruch 2001, setzte sich aber nach dem Aufschwung 2004 weiter fort. Seitdem sind schon fast so viele Betriebe übernommen worden wie in den Krisenjahren. Im Untersuchungszeitraum 2010 bis Ende 2013 kamen 63 neu hinzu. Die meisten übernommenen Betriebe sind Kleinbetriebe mit weniger als 50 KollegInnen. Mit der Großdruckerei Donnelley ist nun wieder ein größerer hinzugekommen – mitten in einem der wichtigsten Industriegebiete.
Um finanziell erst einmal über die Runden zu kommen und sich Löhne zahlen zu können, gründen die Arbeiter_innen der Druckerei die Kooperative MadyGraf, um u.a. Rechnungen schreiben zu können.
Bei Madygraf mangelt es derzeit nicht an Aufträgen, aber deren Abrechnung gestaltet sich schwierig. Denn alle Einnahmen werden von dem zuständigen Richter und zwei Konkursverwaltern auf unbestimmte Zeit zurückgehalten und insgesamt ein Drittel wird als Gebühr abgezogen. Derzeit hält Madygraf sich durch kleinere Aufträge von linken Gruppen über Wasser und druckt Produkte, die erst später in Rechnung gestellt werden. So kommen momentan überdurchschnittlich viele Marx-Konterfeis und Demoplakate aus den Druckmaschinen. […] Es gibt eine staatliche Beratungsstelle für selbstverwaltete Betriebe und die Novelle des Konkursgesetzes im Jahr 2011 hat Übernahmen wesentlich erleichtert. Die Arbeiter von Madygraf wissen um ihr widersprüchliches Verhältnis zur Regierung, die nicht davor zurückscheut, ihre Kollegen von Lear regelmäßig mit Repression durch die von ihr befehligte Nationalpolizei und Gendarmerie zu überziehen. Sie machten nun erst einmal »in aller Ruhe« ihr Ding, wie Juan Manuel sagt, wohl wissend, auf welcher Seite sie im Zweifelsfall stehen. (jungle world, Nr.49, 2014)