Der Knast als Profit-Center

von Heribert Prantl

Die Verbetriebswirtschaftlichung des Gemeinwesens hat vor einiger Zeit die Gefängnisse erreicht. Ende 2005 eröffnete Hessens Ministerpräsident Roland Koch in Hünfeld das erste teilprivatisierte Gefängnis Deutschlands. Der Staat schließt dort zwar noch auf und zu, aber wichtige Schlüsselpositionen sind privat besetzt.

Der Staat wollte auf diese Weise sparen. Jetzt stellt sich heraus, dass das nicht funktioniert. Das halbprivate Spargefängnis ist teuerer als das klassische staatliche Gefängnis.
Diese Erkenntnis ist geeignet, den gefährlichen staatlichen Privatisierungswahn zu stoppen. Der Midas-Glaube der neuen Ökonomie, welchem auch die deutsche Politik viel zu lang anhing, tut so, als könne man auch noch aus einem Gefängnis ein Profit-Center machen.
Es handelt sich dabei um eine Irrlehre – und zwar weniger deswegen, weil sich zeigt, dass das Privatgefängnis teuerer ist, als man sich das vorgestellt hat. Es ist vielmehr so, dass es einen Wesenskern von staatlichen und hoheitlichen Tätigkeiten gibt, die nicht privatisiert werden dürfen, weil sich der Staat sonst selbst in Frage stellt.
Die Bürgerinnen und Bürger erleben die Privatisierung der öffentlichen Sicherheit und die Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge als einen Sieg des Wertesystems angeblicher ökonomischer Effizienz über das Wertesystem der sozialen Verantwortung. Das schwächt die Loyalität zum Staat und zur Staatsform, das stärkt die Staatsverdrossenheit.
Der Staat darf seine Aufgaben nicht abwerfen wie ein Baum seine Blätter im Herbst. Die Zahlen vom teueren Billigknast in Hünfeld sind geeignet, das Nachdenken über die Grenzen der Entstaatlichung zu fördern.

Quelle: Süddeutsche
http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/776/166300/print.html

 

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