Ausverkauf: Deutsche Wirtschaft steigt groß in Griechenland ein

Der Privatisierungsdruck auf Griechenland und die Auswirkungen sind enorm. Die Muster sind ähnlich, aber das, was in den 1990er Jahren unter der Treuhand in Ostdeutschland passiert ist, wird heute noch übertroffen. Entgegen der aktuellen Lage in Griechenland, gab es beim Ausverkauf der DDR zumindest noch einige soziale Auffangmaßnahmen. Bei den jetzigen Enteignungsprogrammen gegenüber der griechischen Bevölkerung gibt es diese sogut nicht. Die deutsche Bundesregierung und die Troika aus IWF, EU und EZB treiben mit ihrer „Politik der Alternativlosigkeit“ die Demontage von Sozialstaat und Demokratie voran und gefährden damit das Zusammenleben in Europa. Die deutsche Wirtschaft profitiert mehrfach von der Privatisierungs- und Sozialabbaupolitik, die die Troika in Europa vorantreibt. In diesem Zusammenhang ein Beitrag der heute auf den Seiten der Deutschen Mittelstandsnachrichten veröffentlicht wurde und der einen kleinen Einblick in das „deutsche Engagement“ in Griechenland gibt:

Ausverkauf: Deutschland hilft Griechenland beim Privatisieren

Die staatliche Agentur GTAI berät eine griechische Abwicklungsagentur bei der Privatisierung. Die GTAI soll dabei die Erfahrungen der alten Treuhand nutzen. Eine der Lehren dürfte sein: Der Prozess wird in nicht unerheblichem Maß zum Abbau von Arbeitskräften führen.

Seit Ende März hält der Hellenic Republic Asset Development Fund (HRADF) alle staatlichen Besitztümer Griechenlands, die im Zuge des Sparprogramms verstaatlicht werden sollen, und bereitet deren Veräußerung vor. Beraten wird der Fonds dabei von der Germany Trade and Invest (GTAI), der „Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland für Außenwirtschaft und Standortmarketing“. Diese untersteht dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi). Unter anderem berät die Gesellschaft deutsche Unternehmen über Auslandsmärkte und unterstützt ausländische Unternehmen bei ihrem Start in Deutschland.

Der HRADF soll sich an dem deutschen Treuhand-Modell orientieren, dass unter anderem bei der Privatisierung im Zuge der deutschen Wiedervereinigung zum Tragen kam. Die Unterstützung der GTAI soll unter anderem „durch Hilfe bei der Investorensuche in Deutschland und durch Zurverfügungstellung der deutschen Erfahrungen beim Privatisierungs- und Umstrukturierungsprozess in den neuen Bundesländern“ geschehen, formuliert es das BMWi in seinen „Eckpunkten einer Investitions- und Wachstumsoffensive für Griechenland“. Dabei arbeitet die GTAI mit dem griechischen Pendant „Investment in Greece“ zusammen.

Wieviel von den griechischen Assets tatsächlich privatisiert werden können ist unklar. Je länger es jedoch dauert, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass es mehr um Abwicklung als um Nachhaltigkeit gehen wird.

Besonders interessant für die Privatisierung seien, so die GTAI, Bodenschätze und Immobilien, Teile der Infrastruktur, der Wasserversorgung und der Wettanbieter OPAP. Letzterer ist der größte Glücksspielkonzern Europas und gleichzeitig das drittgrößte Unternehmen in ganz Griechenland. Die Deutsche Bank ist an der Privatisierung des Wettanbieters beteiligt. Autobahnen, Häfen und regionale Flughäfen sollen in der zweiten Jahreshälfte auf die Privatisierungsliste kommen. Der Athener Flughafen, für den sich Fraport interessiert, wird zu mehr als 40 Prozent bereits von der Essener Hochtief AG gehalten und soll frühestens 2013 ins Angebot aufgenommen werden.

Bisher liefen die Privatisierungen in Griechenland eher schleppend. Mangelndes Interesse und stetig sinkende Angebote waren hierfür die Ursache. Im Februar korrigierte Griechenland seine Prognose der Privatisierungseinnahmen auf nun mehr 19 Milliarden Euro bis 2015. Ursprünglich ging man von 50 Milliarden Euro aus. Zumal die griechische Regierung vor dem zweiten Rettungspaket auch nicht wirklich große Anstrengungen in diese Richtung unternahm. Gerade Proteste gegen die Veräußerung der Wasserversorgung seien aufgrund voraussichtlicher Preiserhöhung nach solchen Verkäufen nicht auszuschließen, erklärt die GTAI. Solche Proteste könnten den Prozess weiter verlangsamen.

Wie überhaupt die anhaltende Verschleppung der Veräußerung für die die einzelnen Unternehmen sehr schlecht ist: Denn solange der Prozess in Schwebe ist, wird in zu privatisierende Unternehmen nicht mehr investiert. Damit aber sinkt ihr Wert für Investoren, die an einer nachhaltigen Weiterentwicklung interessiert sein könnten. Was bliebt ist dann oft nur die Verwertung, um überhaupt noch Geld in die leeren Staatskassen zu spülen.

Damit dürfte auch klar sein: Die gewählte Form des Treuhand-Modells heißt für Griechenland wie damals für die neuen Bundesländer einen weiteren Stellenabbau. So war beispielsweise bei deutschen Treuhandunternehmen „durch Privatisierung, Ausgründungen und betriebsbedingten Kündigungen“ die Mitarbeiterzahl von Mitte 1990 bis Mitte 1992 von 4,1 Millionen Menschen auf eine Millionen Mitarbeiter geschrumpft. Dies konnte die Forschungsgruppe „Arbeitsmarkt“, SÖSTRA e.V. Berlin, im Auftrag der Treuhandanstalt mit einer Befragung von 6688 Treuhandunternehmen belegen. Darüber hinaus wurde „nach ihrer Privatisierung in den Ex-Treuhandfirmen der Beschäftigtenbestand noch einmal deutlich abgebaut“, heißt es in der Auswertung der Befragung. Ein ähnliches Schicksal wird voraussichtlich auch viele griechische Beschäftigten in Folge der Privatisierung ereilen.

Damit wird zu erwarten, dass die von der Troika erzwungene Privatisierung nicht in erster Linie zu einer Effizienz-Steigerung der betroffenen Unternehmen führen wird – was angesichts der überbordenten griechischen Staatspräsenz in der Wirtschaft wünschenswert wäre. Tatsächlich wird die Privatisierung, wenn sie dem Modell Treuhand folgt, jedoch in erster Linie dazu dienen, den griechischen Schuldendienst zu befeuern. Ein Ausverkauf des Landes wird also vor allem den Banken als den großen Gläubigern dienen und nicht zu einer Stärkung der Nachhaltigkeit der griechischen Volkswirtschaft führen.

Quelle: Deutsche MittelstandsNachrichten vom 20.04.2012

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