Wohnungsverwaltung und die zur Verfügungstellung von Wohnraum an sich muss nicht als profiträchtiges Unternehmen betrieben werden. Es kommt ganz auf die Einstellung der Wohnungsbaugesellschaft zu ihren Mieter*innen an und wie eine Kommune ihre Bewohner*innen schätzt. In Zweibrücken, Rheinland-Pfalz, hat die Gewobau ein Selbstverständnis, über das ich angesichts der heute üblichen Geschäftsweisen in der Immobilienwirtschaft stolpere und bei der sich die verkehrte Welt Berlins einmal mehr völlig absurd darstellt.
Das primäre Geschäftsziel der Gewobau ist die Bereitstellung preisgünstigen Wohnraums in der Region. „Etwa 30 Prozent der Mieten der Wohnungen der Gewobau werden über Transferleistungen finanziert. Die Kaltmieten solcher Wohnungen liegen hierbei unter 4 Euro je Quadratmeter“, sagt Marx. Diese Preise sind nicht das Ergebnis einer gewinnorientierten Kalkulation, sondern resultieren aus der Verantwortung gegenüber der Kommune als Gesellschafter des Unternehmens. Eine höhere Miete würde ja umgehend zu höheren Kosten bei den Transferleistungen führen und damit zu höheren Belastungen der kommunalen Haushalte. Die Wohnungsbaugesellschaft versteht sich dabei „als handlungsfähiger Arm der Stadt“. […] Dabei wird gleichzeitig versucht, den Wohnungsbestand permanent zu pflegen und – wo nötig – zu sanieren. Von den genannten 4 Euro Kaltmiete gehen daher etwa 2 Euro in die Sanierung. Das ist umso bedeutender, als die 3100 Wohnungen der Gewobau rund 20 Prozent der Einwohner/innen Zweibrückens beherbergen (ver.di: die besonderen 2013:7).
Zweibrücken war 1990 durch den Abzug der US-amerikanischen Stretkräfte zu einem Konversionsfall geworden.
Durch den Abzug der US-amerikanischen Truppen wurde ein Militärgelände frei, das insgesamt einem Drittel der gesamten Stadtfläche entsprach. Durch die Arbeitsplatzverluste erhöhte sich die Arbeitslosenquote um 10 Punkte auf ca. 21 %. Dies führte zu einem Nachfragerückgang im Einzelhandel von ca. 25 %. Damals führten kreative, konsequente und schnelle Entscheidungen seitens der Stadt und die große Unterstützung des Landes von 252 Mio. € zu einer nicht für möglich gehaltenen Verbesserung der Lage in Zweibrücken (wikipedia 4.6.2013).
Statt teuerem Neubau wurde der existierende Bestand unter den genannten Konditionen saniert.
Und Berlin? Der Einwand, dass die leerstehenden Wohnungen nach dem Abzug der amerikanischen Streitkräfte aus Zweibrücken der Gewobau quasi überlassen wurden und diese somit preisgünstig wirtschaften konnte, nicht in Kauf oder Neubau hatte investieren müssen und Zweibrücken ja auch kein Ballungszentrum wie Berlin ist, sei gewährt. Allerdings haben die GSW und andere öffentliche Wohnungsbaubetriebe kurz nach 1990 von der Stadt Berlin ebenfalls 631 Häuser geschenkt bekommen. Berlin ist kein Konversionsfall, aber ein massiver Zuzug ist auch nicht zu verzeichnen, wie im Beitrag Demographie und Mieten: Verkehrte Welt in Berlin zu lesen ist. Die einzige Erklärung, warum die Berliner Wohnungsbaugesellschaften mit den 631 geschenkten Häusern nicht ebenso verfahren wie die Gewobau in Zweibrücken, besteht darin, dass sie die „Bereitstellung preisgünstigen Wohnraums“ dem Profitziel unterordnen. Die Profite gehen an die Aktieneigentümer im Falle der GSW oder in das Schuldenloch im Falle der noch senatseigenen Betriebe; die Logik ist die gleiche: Profite statt humanes Wohnen. Wenn wir von 631 Häusern sprechen, dann reden wir grob geschätzt über mindestens 10.000 Wohnungen. Diese Wohnungen, wäre es politisch gewollt, könnten zu sozialen Mieten und für menschenwürdiges Wohnen bereitgestellt werden. Die politische Entscheidung für eine Rekommunalisierung dieser Häuser und die Gestaltung dieser Umwandlung gemeinsam mit den Bewohner*innen dieser Häuser wäre eine Lösung.