Staatswährungen umschiffen

Maja Dumat Fertig gebackene Brötchen CC BY 2.0
Maja Dumat
Fertig gebackene Brötchen
CC BY 2.0

Wer derzeit in Griechenland ist, kann keine Musik mehr bei I-Tunes erwerben, kein Buch bei Amazon kaufen, keine neuesten Apps bei Google laden. Das ist zunächst mal keine Meldung wert, bedenkt man, dass diese Dienste aus Perspektive emanziptiver Internetpoltik eh keinen Cent wert sind. Die Überwachung der Nutzer_innen ist allumfassend, Alternativen werden schwer angenommen. Besonders spannend ist demnach die vermehrte Nutzung von Bitcoins für transnationale Geldtransfers.

Auf telepolis schreibt Fabian Köhler:

Wie stark die griechische Nachfrage nach Bitcoins ist, lässt sich auch am Kurs der Währung ablesen: Als die jüngsten Verhandlungen zwischen der griechischen Regierung und der Ex-Troika scheiterten, stieg der Bitcoin-Kurs zeitweise von 215 auf 240 Euro. […]

Wären Bitcoins dann nicht vielleicht sogar die bessere Alternative zur Drachme-Rückkehr? Nicht ganz. Denn zwar lassen sich Bitcoins unreguliert transferieren oder als Anlageform nutzen, Brötchen kaufen kann man damit aber nicht. Weder in Griechenland noch sonst irgendwo. Gerade einmal 100.000 Händler weltweit akzeptieren bisher Bitcoins als Zahlungsmittel. Nur 34 sind es in ganz Griechenland. Einen einzigen Bitcoin-Geldautomaten gibt im ganzen Land. (telepolis.de)

Ob in Griechenland demnächst das Brot mit Bitcoin bezahlt werden kann, ist nur eine Frage der Organisierung:

In Großbritannien gibt es nach Angaben von CoinMap etwa 160 physische Einzelhändler, die Bitcoins akzeptieren, davon 26 in London. Seit Ende November gehört auch der Burger Bear von Straßenverkäufer Tom Reaney dazu. Innerhalb von drei Wochen hatte er nach eigenen Angaben rund 50 Kunden, die ihr Essen per Smartphone mit Bitcoins bezahlt haben. (welt.de, 2.1.2014)

Denn:

Dennoch habe die Krise vielen Griechen gezeigt, dass Euros genauso virtuell seien wie Bitcoins, sagt Flaskämper: „Auch sie sind letztendlich nur Nullen und Einsen auf den Festplatten von Bankcomputern. Dass Bitcoins nur ein Spielgeld für Nerds sind, behauptet hingegen heute niemand mehr.“

Und selbst in der griechischen Regierung haben Bitcoins einen prominenten Fürsprecher, auch wenn dieser nicht unbedingt die Kapitalflucht im Auge hatte. „Bitcoins können eine Maßnahme darstellen, um für finanziell unter Druck geratene Mitglieder der Euro-Zone den dringend benötigten Spielraum zu schaffen.“ Der Verfasser der Zeilen: Griechenlands Ex-Finanzminister Yannis Varoufakis im letzten Jahr. (telepolis.de)

Ob eine Bitcoin-Ökonomie wirklich humaner wäre im Sinne von mehr Freiheit, Gleichheit und menschlichem Glück, das ist eine Frage der kritischen Analyse der immer noch recht neuen Kryptowährungen.

Hinterlasse eine Antwort